SICHTBAR
Bilder für Pau
oder die Geschichte vom dunklen König
Ein Langgedicht über eine Liebe. Entsprechend einer musikalischen Komposition in mehreren Sätzen: Allegro, Adagio, Scherzo, Finale.
Auszug:
Scherzo
Das ist das Bild, Pau, der Hund, der die Senke hinabläuft, im Sprung die Beine gestreckt vom Leib, schwebt er einen Moment lang, einen Moment wie das Spreizen der Hand, die sich öffnet. Er weiß, dass die Welt Pupille ist, und der Himmel ein Mantel. Da ist die Senke im Park, ist November, die Senke gesäumt von nassen Bäumen. Die Augen des Hundes sind nach innen gewandt, ins Jenseits. So schwebt er, ein zwei dreimal und mehr, bis die Sohle der Senke erreicht ist.
Du fragst mich, was dieses Bild ist, fragst nicht, doch ich weiß, dass du da bist, wenn dieses Bild mir im Kopf ist. Du bist die Senke, der Saum, bist Auge im Auge des Hundes. Ich bin der Leib, vier Beine und von mir gestreckt. So fliegen wir, unter uns die Welt als Pupille, und um uns der Himmel als Mantel, weich und grau. Wir fliegen einen Moment lang, wie das Spreizen der Hand, die sich öffnet, ohne Gewicht, ohne Zeit, ohne Wort.
Pau, ohne Wort.
Du fragst das Bild und das Jahr. Das Jahr legt seine Schenkel auf unsere Schultern. Du fragst mich das Jahr, wie jedes Jahr befragt wird, was es sei. Dieses Jahr ist das Jahr des Hundes, der einen Moment lang fliegt. Ist das Jahr der schwarzen Traube, die nass vom Tau ist. Durch einen Tropfen auf ihr zieht stumm eine Wolke, die schwer und rund ist. Es ist das Jahr der stummen Frucht.
Federleicht ist das Betrachten der Früchte, aus der Nacht der Bäume geschenkt. Liegen sie schwer und wortlos im Gras. Früchte können nicht gedacht werden. Sie sind anwesend. Sie breiten sich aus vor den Augen, die ungläubig sind. Wie Seelen ins Gras gelegt, harren sie aus.
*
Noch stummer als die Wolke ist das Himmelsauge, der Teich. Er liegt wie die Frucht im Gras. Wenn es dunkel wird, machen die Bäume einen Kreis, eine Kirche und einen großen Arm um das Auge herum, und alles hört auf, was du kennst. Es ist schwer, von dort fort zu kommen, denn du bist ein Punkt im Schacht zwischen Himmel und Erde. Es ist das Jahr des Teiches, der Bäume. Geweiht sind der Teich und die Bäume.
*
Pau, es ist das Jahr der zerbrochenen Hütte. Die im Zwischenraum steht. Und der Zwischenraum wartet. Es warten die Pflanzen und können es nicht, wollen wachsen, doch wachsen sie nicht und sind fruchtlos. Der Zwischenraum ist umzäunt, wie ein totes Tier, das nah der Straße liegt, auf der du entlanggehst.
*
Pau November. Tanzen Novembermücken vor dem Schatten des Efeus.
*
Das Jahr ist unerkannt und unbenannt. Es wird eingehen in alles andere, das erkannt und benannt ist. Es wird dort unbeugsam sein und keiner weiß, von wo es einst kam. Aus weißen Dornen ist es, aus brennendem Licht.
*
Die Sperlinge, paarweis' schrecken sie auf vor mir. Und ich gehe. Gehe durch Regen.
Vom Tag zum Dunkel gehe ich. Und durch das Dunkel trägt eine Mutter ihr Kind.
Singend nach Hause.
Es werden die Dinge im Gehen beschlossen.